Bisheriges Leben | Das zweite Gesicht
Eine Gnade, ein Fluch...seit frühster Kindheit träumte er viel. Des Nächtens träumte er intensiv und plastisch und auch am Tage überkamen ihn Träume wie Gesichte oder Visionen. Nachts ließen ihn Schreie und Träume aufschrecken, des Tages versank er in totengleiche Starre.
Menschen liefen an ihm vorüber, Gesichter zerflossen zu schmerzerfüllten Fratzen oder verzücktem Grinsen und im nächsten Augenblick schienen sie wieder im dumpfen Alltagsmühen versunken.
Seine Familie fürchtete ihn, in frühster Jungend sprach er über die Träume oder wenn er Menschen mit seltsamen Gesichtern sah, zeigte er auf sie schreckensstarr. Seine Eltern mieden es mit ihm auf den Markt zu gehen. Als einfache Bauern nahe Rothenbuchts war der allwöchentliche Markt ein Ereignis und während die Brüder und Schwestern mit den Eltern dorthin fuhren. Blieb Jakob zurück in seiner Welt aus Vorhängen.
An einem dieser Ausflugstage, als sich Jakob von seiner Familie verabschiedete, erblickte er ein totenbleiches Gesicht in dem sonst so lebendigen rotwangigen Gesicht seines älteren Bruders. Erschrocken rannte er davon. In der Tat wurde die Familie auf diesem Zug von einigen marodierenden Söldnern überfallen und bei dem Versuch die Familie und deren Besitz zu verteidigen starb sein älterer Bruder.
Ein Wandergeweihter des „Ruhenden Hauches“ war wenige Tage später zur Beisetzung im Orte und die Eltern vertrauten sich mit ihrem Unbehagen und der seltsamen Rede, die ihr zweiter Sohn führte, an den Geweihten. Lange saßen diese beiden darauf schweigend zusammen. Am Ende dieser gemeinsamen Meditation erbat sich der Geweihte den Jungen mit sich zu nehmen von den Eltern, welche erleichtert aufatmend gern ihren Sohn von sich gaben, der wie es schien das Unglück herbeiführen konnte.
So ging mit 12 Götterläufen Jakob Lifnathon, wie nunmehr sein Ordensname wurde, in den Orden vom Ruhenden Hauche des Morsan ein. In einem Kloster vor den Toren Rothenbuchts in Kontemplation und klarer Struktur lernte er seine Gedanken zu ordnen und das Reale vom Irrealen zu scheiden, aber vor allem lernte er über jenes, was er sah, zu schweigen.
Er durch lief die meditativen Aspekte der Ausbildung wie auch die handwerklichen Aspekte seiner Berufung als Seelenhirte. Durch sein Schweigen und dennoch dem Wissen um den Blick hinter die Vorhänge konnte er Trost spenden wo kein Wort mehr half.
So erfolgte nach seinem langen Dienst und der Erprobung der Wunsch seines Abtes nach Siebenwind zu reisen und den dortigen Brüdern Hilfe zu sein. |
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