Bisheriges Leben | Eine leichte Brise wehte den ranzigen Geruch des Todes herum. Es ist mittlerweile Nacht geworden. Wie lang mag es her sein, als der Sturm der Feinde herein gebrochen ist? Man weiß es nicht.
Dann öffnete Krell seine Augen und überblickte das Schlachtfeld. Um herum war nicht nur der Geruch des Todes allgegenwärtig. Überall verstreut lagen seine gefallenen Brüder, vermischt mit den Leichen der Galadonier. Er erinnerte sich nur dunkel daran was geschehen war.
So lange er zurück denken konnte, lebten sein Volk, die Khalandrier, und die Galadonier in Feindschaft. Er selbst wuchs in einem winzigen Dorf in Khalandrien auf. Krelll war der Sohn einfacher Eltern in seinem Stamm. Das war aber nichts ungewöhnliches, da alle Menschen seines Volkes in Gleichheit und Brüderlichkeit zusammenlebten. Seine Kindheit verlief genauso wie sie in diesem Land normal war. Schon früh wurde er an den Glauben zu den vier „barbarischen“ Göttern (Bearún, Fjerulf, Arlja und Hrydja) erzogen und so verbrachte er viel Zeit damit eine eigene Stärke zu entwickeln. Diese brauchte er auch, denn das Leben im Norden Falandriens ist hart. Ein karges Land und lange Winter sind hier üblich. Krell wurde also wie alle Kinder schon früh im Kampfe geschult, jedoch erfuhr er ebenso viel über die Landwirtschaft und die Jagd. Ein Krieger muss sein Volk nicht nur schützen, sondern auch in Friedenszeiten ernähren können.
Als er schließlich alt genug war, stand ihm das große Ritual der Jugend seines Stammes bevor. Krell wurde nur spärlich bekleidet und mit einem langen Messer und einem Bogen bewaffnet in den Wald geschickt. Was er erlegen sollte, wurde ihm nicht vorgeschrieben. Innerlich wusste er aber, dass es groß sein musste. Nachdem er stundenlang durch den Wald geschritten ist, hörte er ein Rascheln. Als Krell durch ein paar Büsche spähte, sah er einige Wildschweine und er wusste, dass sie die richtigen sind. Ein Bogenschuss ertönte. Jedoch ging sein erster Pfeil daneben. Mit einem lauten Fluch zog er das Messer und stellte sich dem Schwein mutig entgegen. Dieses kam auch sogleich wie ein Pfeil auf ihn zugeschossen und rammte ihn empfindlich in seine Hüfte. Doch gleich darauf brach es zusammen. In dem Moment als es ihn getroffen hatte, bohrte Krell sein Messer in die Kehle des Tiers. Am Ende dieses Tages kehrte er mit einem ausgeweideten Wildschein auf seinen Schultern und einer klaffenden Wunde an seiner Hüfte in das Dorf zurück. Krell hatte die Prüfung bestanden und wurde in den Stand eines Thursen erhoben. Aber was noch wichtiger war, er erhielt seine erste Narbe.
An seinem Leben änderte sich jedoch nicht viel. Er lernte weiter die khalandrische Kampfeskunst, ging auf die Jagd und half auf den Äckern seines Stammes. Alle Jahre wieder fand ein Thing, eine große Versammlung seines Volkes, statt. Leider war er als Thurse nicht stimmberechtigt. Doch mit der Zeit ist er zu einem großen (was nicht unüblich ist), grimmigen Krieger geworden. Am Rande des Things kam es jedoch zu einer Schlägerei zwischen Krell und einem Angehörigen eines anderen Stammes, der ein Auge auf dasselbe Mädchen geworfen zu haben schien wie Krell. Jeder steckte in diesem Kampfe viele Schläge ein, landete auch mal am Boden, doch schließlich blieb der Nebenbuhler endgültig liegen. So geschahen drei wichtige Dinge in Krells Leben: Beeindruckt von seiner Verbissenheit und seiner rohen Kraft, wurde er in den Kreis der Grimthursen aufgenommen, er ging mit diesem Mädchen einige Zeit später den ewigen Bund ein und er erhielt die nächsten bleibenden Narben.
Als Grimthurse wurde er nun immer häufiger im Kampf an den Grenzen von Khalandrien eingesetzt. Oft versuchten die verfluchten Galandonier die Dörfer in diesen Gebieten zu vereinnahmen und sie zu ihren falschen Göttern zu bekehren. So kam es schließlich auch zu dieser einen Schlacht. Am frühen Morgen dieses Tages zogen sie aus, da sie von einer kleinen Gruppe galadonischer Soldaten hörten. Sie folgten ihnen bis auf ein offenes Feld, das sich auf einer Hügelkette befand. Doch genau das war ihr Fehler. Wie sich heraus stellte, hatte sich der Feind dort mit einer größeren Armee versammelt, die sogleich auf Krell und seine Mannen zu stürmte. Aber Flucht kommt den Khalandriern nicht in den Sinn. Krell erschlug zwei Soldaten mit der Wucht seiner blanken Faust und enthauptete einen mit seiner Axt, bevor er von der Breitseite eines feindlichen Schwertes mit voller Kraft getroffen wurde und zu Boden ging …...
Als er nun endlich aufgestanden war, fand er auch noch andere Überlebende. Alle waren sehr niedergeschlagen, denn in ihrer Kultur ist besser ehrenvoll zu sterben, als eine Schlacht zu verlieren. Sie zogen sich dennoch in Krells Dorf zurück um dort über weitere Dinge zu beratschlagen. Doch was sie dort vorfanden, stockte selbst dem gestandensten Khalandrier den Atem. Alle in seinem Dorf wurden von den Galadoniern in einem Blutrausch niedergestreckt. Krell fand nach einigem Suchen auch sein Weib erschlagen in den Ruinen eines Hauses.
Seltsamerweise schwor er jedoch keine Rache gegen Galadon. Sicher, die alte Abneigung blieb bestehen, doch er war sicher, dass durch Blutsbande, die ihn und sein Weib verbanden, sie in die Hallen Bellums geführt werden würde. Dennoch bestand für ihn keine Zukunft in seiner alten Heimat. Zu sehr schmerzten der Verlust und die Niederlage auf dem Feld ohne die Ehrung im Kampfe zu fallen.
Gemeinsam mit einigen weiteren Khalandriern fuhr eher mit recht einfachen Booten zur See um dann eines Tages Siebenwind zu erreichen. |
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